Über viele Jahre hinweg war die Diskussion um das Bestellerprinzip für viele Unternehmen das wichtigste Thema überhaupt, das letztendlich eine existenzielle Bedeutung für die Branche hat. Dann wurde am 01.06.2015 ein (unechtes) Bestellerprinzip für den Bereich Wohnungsvermittlung eingeführt, das dahingehend unecht war, dass faktisch nur noch der Vermieter die Provision zahlen kann. Es folgten für die Branche weitere quälende Diskussionen über die Einführung einer derartigen Regelung auch für Kaufimmobilien.
Dann kam es nach langen Verhandlungen zu dem am 14.05.2020 vom Bundestag und am 05.06.2020 vom Bundesrat beschlossenen „Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser“ - ein sehr sperriger Titel, ohne dass der Gesetzgeber im BGB selbst den Terminus „Bestellerprinzip“ verwendet (erfreulich ist, dies sei nur am Rande angemerkt, dass der Gesetzgeber bei dieser Gelegenheit die Begriffe „Mäkler“ und „Mäklerlohn“, die als Relikt des ausklingenden 19. Jahrhundert noch immer im BGB enthalten waren, endlich getilgt hat).
Je nach Autor wird die ab 23.12.2020 geltende Regelung als „Bestellerprinzip“ bezeichnet, teilweise noch mit dem Wort „weich“ oder dem neudeutschen Begriff „light“ kombiniert, was insofern richtig ist, als der Gesetzgeber damit verhindert, dass weiterhin derjenige, der den Makler beauftragt, in der Lage ist, die mit dieser Beauftragung veranlassten Kosten abzuwälzen, obwohl die andere Vertragspartei (regelmäßig der Käufer) u.U. weniger von der Maklerleistung hat. Teilweise wird auch von „Halbteilungsprinzip“, „Provisionsteilung“, oder „paritätischer Maklerentlohnung“ gesprochen, was begrifflich aber damit kollidiert, dass weiterhin etwa eine reine Verkäuferprovision möglich ist.
Wie auch immer, das neue Gesetz schafft wichtige Fakten, auf die sich die Immobilienwirtschaft einstellen muss. Der Marktmonitor Immobilien hat traditionell jedes Jahr unterschiedliche Schwerpunktthemen. Der hier in Zusammenarbeit mit immowelt vorgelegte Marktmonitor 2020 versucht, wichtiges Datenmaterial hinsichtlich der neuen Regelung zusammenzutragen, wie die Branche die gefundene Regelung einschätzt und vor allem wie sich die Immobilienunternehmen vor dem Hintergrund der neuen Provisionsregelung aufstellen wollen.
Den Immobilienunternehmen kann vor dem Hintergrund der Veränderungen, die am Horizont sind, nur geraten werden sich so schnell wie möglich – eigentlich hätte man das schon längst tun sollen – zukunftsorientiert auszurichten. Insbesondere gilt es unbedingt den Bereich Innenprovision zu stärken.
Stärkung der Innenprovision heißt für mich Teilnahme an Akquisitionstrainings, Einsatz von Beziehungsmarketing, Farming oder sämtliche Aktivitäten, in denen sich der Makler als Spezialist für eine bestimmte Region oder ein Segment positioniert. Alles Strategien, die es erleichtern eine Innenprovision durchzusetzen. Hier gilt es anzusetzen. Und zu guter Letzt empfiehlt sich auch ein intensives Nachkaufmarketing (siehe Marktmonitor Immobilien 2013), wobei nicht zu verstehen ist, warum Immobilienunternehmen hier vielfach nichts oder fast nichts machen.
Ich wünsche Ihnen vor dem Hintergrund der einschneidenden gesetzlichen Veränderungen viel Erfolg bei den notwendigen unternehmerischen Entscheidungen und für die Zukunft alles erdenklich Gute,
Ihr Prof. Dr. Stephan Kippes
Studie herunterladenAm 23. Dezember 2020 tritt das neue Gesetz über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser in Kraft. Wer einen Makler beauftragt, darf die Kosten hierfür nur noch maximal bis zu 50 Prozent an die andere Vertragspartei weitergeben. Eine Mehrheit der Immobilienprofis geht davon aus, dass die Neuregelung spürbare Auswirkungen auf den deutschen Immobilienmarkt haben wird. Laut Studie übernimmt derzeit in mehr als der Hälfte der Fälle der Käufer die Courtage in Gänze – was nach dem neuen Gesetz nicht mehr zulässig ist. Eine paritätische Teilung, wie sie künftig in der Praxis wohl zum Standard wird, findet bei den befragten Maklern bisher nur in rund einem Viertel der Fälle statt.
In der Folge rechnet fast jeder zweite Makler mit einer Konsolidierung in seinem Wettbewerberumfeld. Drei Viertel der befragten Makler fürchten indes nicht um ihre Verdienstmöglichkeiten, denn sie gehen davon aus, dass der Provisionsanteil vom Verkäufer ganz oder teilweise eingepreist wird. Daher erwarten viele Befragte, dass durch die Einpreisung die Immobilienpreise in Deutschland weiter steigen werden.
Die Mehrheit der Immobilienprofis geht daher davon aus, dass das neue Gesetz nicht die erwünschte Lenkungswirkung entfaltet – zumal andere Nebenkostenfaktoren wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren, Katasterkosten nicht angetastet werden. Somit gehen viele Immobilienvermarkter davon aus, dass neben den Maklern vor allem die Käufer zu den Verlierern des neuen Rechtsrahmens gehören.
Der Marktmonitor Immobilen 2020 ist eine regelmäßige Studie von immowelt, die in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Stephan Kippes von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt in Nürtingen-Geislingen erstellt wurde. Insgesamt waren 13.000 zufällig ausgewählte gewerbliche Immobilienanbieter aus der Kundendatenbank der immowelt eingeladen, an der Online-Befragung teilzunehmen. Diese fand zwischen dem 7.2. und 17.2.2020 statt. Nach Bereinigung betrug der Rücklauf insgesamt 1.018 Fragebögen.
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