Marktmonitor Immobilien 2018

Vorwort

Das Jahr 2018 brachte für die Immobilienbranche neben alten mehrere neue Themen mit sich. Die Mieten und Preise stiegen weiterhin, und die Verfügbarkeit von Wohnraum blieb vor allem in den Städten knapp. Diese Problematik veranlasste die Akteure von Politik und Wirtschaft im September zum Einberufen eines „Wohngipfels“ auf Bundesebene und war Thema in den beiden Landtagswahlkämpfen im Herbst. Im Ergebnis will die Politik Familien durch Baukindergeld fördern, Steuerabschreibungen für den Bau von Mietwohnungen gewähren, vermehrt bundeseigene Grundstücke bereitstellen, mit Milliarden den sozialen Wohnungsbau fördern und mit einer Musterbauverordnung den Genehmigungsaufwand verringern. In der Summe versprechen sich die Beteiligten davon bis zu 1,5 Millionen neue Wohnungen.

Auf der Finanzierungsseite ergaben sich insbesondre folgende Änderungen: Auf Initiative der Bundesländer Baden-Württemberg und Hessen traten Mitte des Jahres Änderungen zur Wohnimmobilienkreditrichtlinie in Kraft. Dadurch erhielt der Immobilienwert im Verhältnis zur finanziellen Leistungsfähigkeit Bauwilliger wieder mehr Gewicht, um die kritisierte eingeschränkte Kreditvergabe an junge Familien einerseits und Senioren andererseits zu verhindern. Auf makroprudenzieller Ebene verabschiedeten der Rat der Europäischen Union und das EU-Parlament ihre Überarbeitung der CRR und CRD (Basel III). Auf dieser Grundlage sollen die Kreditinstitute künftig die ungewichteten Eigenmittelquoten (Leverage Ratio) veröffentlichen. Die Immobilienbanken haben lange auf Nachbesserungen und Ausnahmen bei dieser ungewichteten Größe gedrungen, da sie durch ihre großen Kreditvergabevolumen im Vergleich zu anderen Banken schlechter abschnitten.

Der üblichen Notenbank-Tradition folgend, Überraschungen zu vermeiden, kündigte EZB-Präsident Mario Draghi bereits im Juni an, das Anleihekaufprogramm Ende 2018 auslaufen zu lassen. Gleichzeitig will die EZB die Leitzinsen mindestens über den Sommer 2019 hinweg auf dem aktuell niedrigen Niveau belassen. Dennoch wurde über das Jahr 2018 eine mögliche Zins-Erhöhung und deren Auswirkung auf die Immobilienpreise und -nachfrage in der Branche intensiv diskutiert.

Mehrere Extrem-Wetterereignisse haben Naturgefahren für Immobilieneigentümer wieder ins Gedächtnis gerufen. Auch fernab von Flussläufen und vom Meer liefen im Spätfrühling in einigen Städten die unteren Geschosse nach Starkregenereignissen voll. Im Spätsommer folgten große Waldbrände in Brandenburg, durch die mehrere Dörfer evakuiert werden mussten. Im Vergleich zu den Bränden in Kalifornien im November mit derzeit rund 6.500 zerstörten Wohnhäusern und 15.000 bedrohten Gebäuden ist diese Gefahr in Deutschland bisher gering. Wasser – sei es durch (Fluss-)Hochwasser oder Starkregen – bleibt das höchste Naturgefahrenrisiko für Immobilieneigentümer. Diese Risiken werden in den nächsten Jahren sowohl durch die bisher starke Bebauung an den vulnerablen Stellen als auch durch die erhöhten Temperaturen, die wiederum zu extremeren Wetterereignissen führen, zunehmen.

Der Marktmonitor Immobilien 2018 greift daher in diesem Jahr die Themen Zinsentwicklung, Baukindergeld, Mietpreisbremse und Naturrisiken auf.

Dr. Bertram Steininger
Associate Professor am KTH Royal Institute of Technology, Stockholm

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Zinsentwicklung

Der aktuelle Immobilienboom ist vor allem das direkte und indirekte Ergebnis der seit Jahren herrschenden Niedrig- bis Nullzinspolitik. Die EZB hat jedoch bereits erkennen lassen, dass sich hier mittelfristig etwas ändern könnte. Die Reduzierung der Anleihenkäufe und konkrete Aussagen zur weiteren Zinspolitik machen deutlich, dass in der zweiten Jahreshälfte 2019 die Leitzinsen angehoben werden könnten.

So sehen das auch die im MMI 2018 befragten Immobilienprofis: Eine klare Mehrheit geht von einer Leitzinserhöhung im kommenden Jahr aus. Damit verbunden ist auch ein Anstieg der Zinssätze bei Hypothekendarlehen. Den Auswirkungen sehen die Befragten aber gelassen entgegen. Bei Preisen, Nachfrage, Angebot, Anzahl der Abschlüsse und Vermarktungsdauer sieht jeweils eine Mehrheit keine Veränderung durch höhere Zinsen. Größere Teilgruppen erwarten aber, dass die Vermarktungsdauer länger werden wird und die Zahl der Verkäufe zurückgehen wird.

Die stärkste Reaktion auf ein verändertes Zinsumfeld sehen die befragten Immobilienexperten bei privaten Käufern, die Immobilien zur Selbstnutzung erwerben wollen. Hier erwarten die Immobilienprofis, dass viele Interessenten versuchen werden, noch schnell etwas zu kaufen, bevor die Zinslast größer wird.

Baukindergeld

Das im Sommer 2018 beschlossene Baukindergeld soll den Immobilienerwerb für Familien und Alleinerziehende erleichtern. Das verabschiedete Modell greift dabei die Idee der Ende 2005 ausgelaufenen Eigenheimzulage auf. Familien und Alleinerziehende mit Kindern erhalten über 10 Jahre pro Kind bei Bau oder Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie 100 Euro pro Monat. Die Skepsis in der Immobilienbranche ist groß: Zu hoch seien in vielen Regionen Deutschlands mittlerweile die Preise; die Förderung würde nur Mittelschichtsfamilien bezuschussen, die ohnehin gebaut hätten; statt dringend benötigtem Wohnraum in urbanen Regionen würden Einfamilienhäuser auf dem Land subventioniert.

Die Immobilienprofis sind in der Bewertung der neuen Förderung gespalten: Knapp 4 von 10 Befragten beurteilen das Programm negativ, 6 von 10 sehen es positiv. Andere Maßnahmen hätten die Kritiker bevorzugt, und knapp die Hälfte der Skeptiker befürchtet, dass die staatlichen Zuschüsse eingepreist werden und somit den Familien den Erwerb nicht erleichtern werden. Allgemein wird auch das Gießkannenprinzip kritisiert. Die Alternativen zum Baukindergeld sehen die befragten Experten vor allem in der Senkung der Grunderwerbsteuer, im Abbau von Bürokratie und Vorschriften sowie in der Bereitstellung von Bauland.

Die Auswirkungen des Baukindergeldes werden als gering eingeschätzt. Am ehesten werden steigende Preise, aber auch eine höhere Eigentumsquote erwartet. Als Profiteure machen die Befragten eben die Gruppe aus, die in der öffentlichen Diskussion bereits als Gewinner der neuen Förderung benannt wurde: Familien mit mittlerem Einkommen in ländlichen Gebieten und in den Städten.

Mietpreisbremse

Als Reaktion auf die vor allem in Ballungszentren stetig steigenden Mieten wurde 2015 die Mietpreisbremse eingeführt. In mehr als 300 Städten und Gemeinden dürfen seitdem Bestandswohnungen bei Neuvermietung maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete vermietet werden.

Die Wirkung der Mietpreisbremse ist bislang überschaubar: In den Metropolen wie München oder Berlin steigen die Mieten beständig an – wahrscheinlich auch wegen der vielen Ausnahmen, die das Gesetz vorsieht. Unter den Immobilienmaklern hat die Regulierung ebenfalls keinen guten Ruf. 63 Prozent sehen das Gesetz als gescheitert an und sprechen sich für eine Abschaffung aus. Für Nachbesserungen votieren 22 Prozent, 8 Prozent fordern eine Lockerung. Auf der anderen Seite sind nur 5 Prozent für eine Verschärfung, 2 Prozent sind mit der aktuellen Regelung zufrieden.

Die Mietspreisbremse sollte vor allem Mieter mit geringem Einkommen schützen – als Profiteure der Regulierung sehen die Befragten aber vor allem Mieter mit überdurchschnittlichem Verdienst (43 Prozent). Diese sind nicht nur die bevorzugte Wahl bei der Wohnungsvergabe, ihnen kommen auch – sofern die Regelungen der Mietpreisbremse eingehalten werden – die niedrigeren Mieten zugute. Daher sehen die Immobilienprofis zu 36 Prozent Mieter mit niedrigem Einkommen als die Verlierer des Gesetzes.

Ende des Jahres hat die Bundesregierung eine Verschärfung der Mietpreisbremse für das Jahr 2019 beschlossen. Die darin enthaltenen Änderungen stoßen bei den Immobilienprofis allerdings nicht auf Zustimmung. Auch das modifizierte Gesetz wird nach Ansicht der Befragten nicht zu einer Besserung am Mietmarkt führen – im Gegenteil: 83 Prozent empfinden die Regulierung als zu stark, 77 Prozent befürchten, dass die Investitionen in den Gebäudebestand sinken werden. Nur 16 Prozent versprechen sich durch das verschärfte Gesetz eine tatsächliche Preisbremse für Neuvertragsmieten.

Naturgefahren

In Deutschland haben mehrere Extrem-Wetterereignisse das Risiko von Naturgefahren für Immobilieneigentümer auf lokaler Ebene wieder ins Gedächtnis gerufen. Diese Risiken werden in den nächsten Jahren zunehmen, sowohl durch die intensive Bebauung an den vulnerablen Stellen und der damit verbundenen Erhöhung des potentiellen Schadenspotenzials als auch durch die erhöhten Temperaturen, die wiederum zu extremeren Wetterereignissen führen. Der Klimawandel wird dies verstärken; 75% der Befragten bejahen die Existenz des Klimawandel und ordnen die am häufigsten auftretenden  Naturgefahren in Deutschland wie folgt: Hochwasser (24%), Starkregen (17%), Stürme (9%), Hagel (7%), Hitzewellen (7%), Erdbeben (3%), Waldbrände (3%), Lawinen (1%).

Eine Relevanz bedeutet für viele Befragten aber noch nicht die Konsequenz eines Preisabschlags bei den Immobilien für diese Risiken. Ist es für Hochwasser noch fast ausgeglichen: 43% sehen einen Preisabschlag und 41% keinen, so sehen für Starkregen 61% keinen und 22% einen Preisabschlag. Zwar ist die höhere Einschätzung bei Hochwasser im Vergleich zu Starkregen im Einklang mit empirischen Studien für Deutschland und andere Länder, aber diese finden meist einen eindeutigen Beweis für einen Preisabschlag bei Hochwasser.

Versucht man zu ergründen, wieso Immobilieneigentümer die Naturgefahren unterschätzen, so bejaht die Mehrheit erst einmal diese Tatsache und sieht folgende Gründe als die zwei wichtigsten an: weil Schadensfälle nur selten eintreten (52%) und sich die Eigentümer selbst zu wenig informieren (39%). Als die drei wichtigsten Möglichkeiten für eine besser Information werden genannt: die (lokalen) öffentlichen Stellen sollten mehr Informationen zur Verfügung stellen (35%), Versicherungsvertreter sollten stärker darauf hinweisen (22%) und finanzierende Banken sollten den Versicherungsschutz stärker einfordern (20%). Es bleibt jedoch fraglich, ob potentielle Immobilienkäufer, die bereits vorhanden Möglichkeiten bisher nutzen, um vor der Kaufentscheidung die Risikoexposition der Wunschimmobilie zu prüfen. Sowohl dieses Vorgehen als auch die öffentliche Verfügbarkeit über die vorherrschenden Risken für ein Objekt sollten in Zukunft verbessert werden.

Infos zur Studie

Der Marktmonitor Immobilen 2018 ist eine repräsentative Studie von Immowelt, die in Zusammenarbeit mit Dr. Bertram Steiniger erstellt wurde. Die Daten für die Studie wurden innerhalb des Immobilien-Professional-Panels (IPP) der Immowelt erhoben. Befragt wurden (28. September bis 10. Oktober 2018) 315 zufällig ausgewählte Makler, Bauträger und andere Immobilienspezialisten in ganz Deutschland.

Die Ziehung der Stichprobe und die Befragung der Unternehmen fand innerhalb des Immobilien-Professional-Panels (IPP) statt, einem geschlossenen Panel, dem ausschließlich Fachleute von Unternehmen aus der Immobilienbranche angehören. Aufgrund der ausgewiesenen Expertise dieser Panel-Teilnehmer ist es möglich, zuverlässige Ergebnisse zu generieren.

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