Die Wirtschaft im Euro-Raum kommt nicht zur Ruhe. Und so folgt eine Hiobsbotschaft der anderen. Oder sollte man besser sagen: jagt eine die andere? Wie auch immer, 2012 ist für die Immobilienwirtschaft erneut ein Jahr das von Dynamik und Veränderungen geprägt ist: Die Situation in Griechenland wird immer volatiler, der Euro gerät immer mehr in die Diskussion, die heftige Umschichtungswelle von anderen Anlageformen in Sachwerte wird immer stärker und der Arbeitsmarkt kann sich überraschend gut behaupten, was zur Folge hat, dass Eigennutzer verstärkt als Nachfrager am Immobilienmarkt in Erscheinung treten.
Die Preise und Mieten entfalten durch das gleichzeitige starke Auftreten von Kauf- und Mietinteressenten eine beachtliche Aufwärtsbewegung, dies gilt speziell für großstädtische Ballungszentren und insbesondere die Metropolen im Süden Deutschlands. Und so wird dort schon vielerorts diskutiert, ob eine Immobilienblase oder neudeutsch „Bubble“ entsteht oder im Heranziehen ist.
Vor diesem Hintergrund möchte der MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 wie bereits in den Vorjahren empirische Daten zu zentralen immobilienwirtschaftlichen Fragestellungen liefern und Trends aufzeigen. Im Mittelpunkt dieser neuen Studie stehen nach der traditionell umfänglichen Darstellung des Forschungs-Designs insbesondere die Themen Energieeffizienz, die Vermarktung von Problemimmobilien, die Wirtschaftskrise und deren Auswirkung auf die Vermarktung sowie die häufigsten Fehler beim Immobilienerwerb.
Ein herzlicher Dank geht an dieser Stelle an Frau Barbara Schmid, Frau Claudia Franke, Frau Karen Müting und Herrn Robert Koisar von der Immowelt AG, die diese Untersuchung in bewährter Weise sehr engagiert unterstützt haben.
Nach der sehr positiven Resonanz auf den MARKTMONITOR IMMOBILIEN in 2010 und 2011 ist geplant, dieses empirische Projekt auch in den Folgejahren weiter fortzusetzen.
Ihr
Prof. Dr. Stephan Kippes
Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen - Nürtingen-Geislingen University
Studiengang Immobilienwirtschaft/Department of Real Estate
Professur für Immobilienmarketing und Maklerwesen
Der energetische Sanierungszustand einer Immobilie wirkt sich nach Ansicht vieler Makler auf den Preis, die Vermarktungsdauer und auch auf den Vermarktungsaufwand einer Immobilie aus. Das gilt vor allem für Kauf- und in abgeschwächter Form auch für Mietimmobilien. Während die Relevanz des Vermarktungsfaktors Energieeffizienz laut MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2011 leicht rückläufig war, hat sie sich in der aktuellen Befragung wieder verstärkt. Nicht zuletzt dürften hierfür steigende Energiepreise und die Reaktorkatastrophe in Fukushima mit verantwortlich sein.
Das grundsätzliche Interesse am energetischen Sanierungsstand einer Immobilie hat also wieder zugenommen. Das belegt auch die Angabe von drei Vierteln der Makler, dass sowohl Kauf- als auch Mietinteressenten 2012 bei Objektbesichtigungen häufiger als noch vor drei Jahren Fragen zur Energieeffizienz stellen. Das ohnehin niedrige Interesse am Energieausweis hat hingegen verglichen mit 2011 kaum zugenommen.
Besteht allerdings auch nur der Anschein, dass bei einer Immobilie ein Sanierungsrückstau vorliegt, wirkt sich das nach Ansicht der Makler negativ auf die Vermarktung aus.
Im MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 wurden die Makler befragt, aus welchen Gründen sie die Vermarktung einer Immobilie als problematisch bewerten.
Was die Umgebungsfaktoren angeht, führen nach Ansicht der Immobilienprofis vor allem Lärm und Geruchsbelästigung zu Schwierigkeiten bei der Vermarktung. K.o.-Kriterien bei der Ausstattung sind das Fehlen von Balkon, Terrasse oder Veranda, sowie das Heizen mit Einzelöfen und hohe Heizkosten.
In der Regel informieren Makler die Käufer bereits am Telefon oder im Online-Angebot bzw. in der Zeitungsanzeige zum ersten Mal über gravierende Probleme einer Immobilie. Ein Fünftel der Makler wartete bis zum Besichtigungstermin, bevor sie Interessenten auf solche Probleme aufmerksam machten. Bei den Mietinteressenten ist es nicht viel anders: Die meisten erfuhren am Telefon, bei der Besichtigung oder im Online-Immobilienangebot oder der Zeitungsanzeige von Makeln. Die meisten Makler wiesen Käufer und Mieter auch dann auf Mängel von Problemimmobilien hin, wenn ein Hinweis aus rechtlichen Gründen nicht notwendig gewesen wäre.
Die große Mehrheit der Makler stellte im MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 für die letzten zwölf Monaten sowohl eine gestiegene Nachfrage nach Kaufimmobilien zur Eigennutzung als auch zur Kapitalanlage fest. Drei Viertel rechneten damit, dass die Nachfrage auch künftig weiter steigt. Gleichzeitig gab eine relative Mehrheit der Makler an, dass das Angebot an Kaufimmobilien im gleichen Zeitraum rückläufig gewesen ist. Die Makler bewerteten in der Folge auch das eigene Angebot im Verhältnis zur Nachfrage als derzeit nicht ausreichend. Mehr als zwei Drittel der Makler haben ihre Bemühungen zur Akquisition neuer Kaufimmobilien infolge dieses Engpasses in den letzten drei Monaten erhöht. Die meisten Immobilienprofis rechneten 2012 auch für die Zukunft mit weiter steigenden Mieten und Kaufpreisen.
Bei der Frage, ob Immobilienkäufer einen Kauf verstärkt aufgrund von Inflationsängsten tätigten, waren die Makler geteilter Meinung: Knapp die Hälfte stimmten dieser Ansicht zu - ebenso viele jedoch nicht.
Obwohl das Angebot knapper geworden ist, verzichteten die Käufer nicht auf den Versuch, Preisnachlässe auszuhandeln. Im Gegenteil bemerkten Makler im MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 sogar die Tendenz, dass die Verhandlungsbereitschaft der Käufer in den letzten zwölf Monaten gestiegen ist. Dies kann daran liegen, dass das Klima am Immobilienmarkt bei Verkäufern teilweise eine Art Preis-Euphorie ausgelöst hat, die Kaufinteressenten durch Preisverhandlungen zu relativieren versuchen. Andererseits stellten nur wenige Makler fest, dass es im gleichen Zeitraum bei den Verkäufern eine gestiegene Bereitschaft gab, bei Verhandlungen auf einen höheren Preis zu drängen. Gleichzeitig gab eine absolute Mehrheit der Makler an, dass sich ihre Bereitschaft zu einem Provisionsnachlass gegenüber den Käufern und Verkäufern nicht verändert hat.
Vor der Eurokrise hatten nur wenige Makler Anfragen aus Spanien, Griechenland, Italien und Portugal nach Kauf- und Mietimmobilien in Deutschland, wobei deren Anzahl gering war. Das hat sich auch infolge der Eurokrise kaum verändert. Wenn überhaupt, gilt sowohl bei Kauf- als auch bei Mietimmobilien das Interesse vor allem 1- bis 2-Zimmer-Wohnungen. Diese Wohnungsart dürfte vor allem von Personen angefragt worden sein, die aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in den vier südeuropäischen Ländern hofften, in Deutschland einen Arbeitsplatz zu finden.
Kapitalanleger investieren häufig in Wohnungen und Häuser in zentraler oder zumindest zentrumsnaher Lage. Aber auch die privaten Käufer haben es gerne zentral: Vor allem ein Großteil der Singles, aber auch viele Rentner und Alleinerziehende zieht es eher ins Zentrum als an den Stadtrand. Lediglich Familien mit Kindern investieren auch gerne in Immobilien am Stadtrand beziehungsweise in ländlich gelegenen Regionen - zumindest wenn die nächste Stadt gut zu erreichen ist.
Grundsätzlich stellen die Makler den Immobilienkäufern im MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 ein gutes Zeugnis aus: Sie schätzten sie als gut informiert ein und glauben, dass sie nicht um jeden Preis eine Immobilie kaufen. Das Überschätzen der eigenen finanziellen Möglichkeiten sowie der Möglichkeit, Eigenleistung einzubringen und das Unterschätzen der Kosten für Renovierungs- und Sanierungsarbeiten sind allerdings Fehler, die beim Immobilienkauf immer wieder gemacht werden.
Der MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 ist eine Zusammenarbeit von Prof. Stephan Kippes von der Hochschule Nürtingen-Geislingen und immowelt.de, eines der führenden Immobilienportale. Ziel der Studie ist es, die aktuelle Lage der deutschen Immobilienwirtschaft zu beleuchten und zu interpretieren.
Die Daten für den MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2012 wurden vom 17. Januar bis 3. Februar 2012 erhoben. Die Ziehung der Stichprobe und die Befragung der Unternehmen fand innerhalb des Immobilien-Professional-Panel (IPP) statt, einem geschlossenen Panel, dem ausschließlich Fachleute von Unternehmen aus der Immobilienbranche angehören. Aufgrund der ausgewiesenen Expertise dieser Panel-Teilnehmer ist es möglich, zuverlässige Ergebnisse zu generieren.
Das IPP basiert auf der Kundendatenbank der Immowelt AG (Nürnberg), in dem ca. 35.000 gewerbliche Immobilienvermittler und -anbieter aus ganz Deutschland vertreten sind. Rund 94 Prozent dieser Firmen sind Einzelunternehmen bzw. beschäftigen neben dem Inhaber höchstens acht weitere Personen.
Nach Bereinigung der Rohdaten (Abbrecher, Plausibilitätskontrolle) flossen die Antworten von 539 Unternehmen in die Analyse mit ein. Nach aller methodischen Sorgfalt und unter Berücksichtigung der Quellenlage kann der MARKTMONITOR IMMOBILIEN daher auch in diesem Jahr als repräsentativ für gewerbliche Immobilienvermittler und -anbieter in Deutschland mit Zugang zum Internet gelten.
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