Marktmonitor Immobilien 2010

2010 war für die Immobilienwirtschaft ein Jahr mit großer Dynamik und Veränderungen und alles andere als ein Jahr des statischen Fortschreitens bisheriger Trends.

Einige Schlagworte zeigen dies eindringlich: Die Finanzmarktkrise im Gefolge der Lehman-Insolvenz führte zu einer beispiellosen Flucht in Sachwerte, während die Wirtschaftskrise gleichzeitig die Nachfrage von Eigennutzern die um ihren Arbeitsplatz fürchten maßgeblich dämpft, die Griechenland-Krise rüttelt an den Grundfesten des Euros und das Thema Umweltschutz und Nachhaltigkeit wird immer wichtiger und zunehmend stärker diskutiert.

Vor diesem Hintergrund möchte der MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2010 empirische Daten zu wichtigen immobilienwirtschaftlichen Themen liefern. Im Mittelpunkt dieser Studie stehen dabei insbesondere die Themen Energieeffizienz, Lagefaktoren und Wirtschaftslage auf dem deutschen Immobilienmarkt.

Ihr Prof. Dr. Stephan Kippes

Hochschule für Wirtschaft und Umwelt
Nürtingen-Geislingen

Studiengang Immobilienwirtschaft/Department of Real Estate
Professur für Immobilienmarketing und Maklerwesen

Studie herunterladen

Energie und Umwelt: Energieeffizienz als Vermarktungsfaktor

Durch die Verschärfung der Energieeinsparverordnung (EnEV) seitens der Regierung und allgemein steigende Energiepreise stellt sich die Frage, inwieweit die Energieeffizienz eines Gebäudes für Immobiliennutzer eine Rolle spielt.

Die Auswertung des Frageblocks „Energie und Umwelt“ ergab folgende klare Ergebnisse:

  • Die Energieeffizienz ist ein wichtiger Vermarktungsfaktor mit sowohl positiven aus auch negativen Auswirkungen.
     
  • Der energetische Zustand hat sowohl bei Miet- als auch bei Kaufimmobilien Einfluss auf den erzielbaren Preis.


Übersicht: Positiver Einfluss eines hohen energetischen Sanierungsstandes auf die Vermarktung einer Bestandsimmobilie

  • Das Bewusstsein für Immobilieninteressenten ist bei Energiefragen in den letzten beiden Jahren deutlich gestiegen. Vor allem im Süden und Norden Deutschlands erhöhten sich die Nachfragen zum Thema Energieeffizienz deutlich.
     
  • Im Osten hat der energetische Zustand einer Immobilie weniger Auswirkungen auf die Vermarktung als im Rest der Republik; auch die Nachfragen zu diesem Thema waren relativ zurückhaltend.


Tabelle: Fragen zur Energieeffizienz bei Besichtigungen von Kaufimmobilien - Häufigkeit im Vergleich heute - vor zwei Jahren, Verteilung nach Regionen

 GesamtNordSüdWestOstMitte
Häufiger64%77%72%65%48%68%
Gleichbleibend22%18%18%23%28%25%
Seltener3%0%3%3%7%0%

Auf 100 Prozent fehlende Prozentpunkte: keine Antwort

Lage und Ausstattung: Auswirkungen auf den Vermarktungsprozess

Wie lange und mit welchem Aufwand eine Immobilie vermarktet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Die Auswertung des Frageblocks Lage und Ausstattung ergab, welche Faktoren Makler als besonders vermarktungshemmend empfinden und wie sich die Ortsgröße darauf auswirkt:
 

  • Als die wichtigsten Auswahlkriterien bei der Immobiliensuche nannten Makler die Lage, gefolgt von Preis und Infrastruktur.


Grafik: Rangfolge der Auswahlkriterien für die Immobiliensuche

  • Das Kriterium Energieeffizienz bewerten Makler nach wie vor als weit weniger wichtig als die klassischen Merkmale Lage und Preis.
     
  • Lärmbelästigung, Geruchsbelästigung und eine Lage mit einem hohen Anteil an Einwohnern mit Migrationshintergrund sind die negativen Lagefaktoren, die die größte Auswirkung auf die Vermarktung haben.
     
  • Je kleiner die Ortsgröße ist, desto weniger spielen die Faktoren Lärm- und Geruchsbelästigung eine Rolle bei der Vermarktung. In Großstädten werden diese Faktoren dagegen als wesentlich relevanter bewertet.
     

Tabelle: Sehr stark negative Lagefaktoren, Verteilung nach Ortsgröße

 GesamtGroßstadtMittelstadtKleinstadt/Land
Lärmbelästigung50%60%47%46%
Geruchsbelästigung49%57%54%41%
Hoher Migrantenanteil34%38%37%29%
Hoher Erwerbslosenanteil23%25%29%18%
Ungünstige Verkehrsanbindung19%22%17%11%
Schlechte Infrastruktur18%20%17%14%
Handymasten in der Nähe12%12%15%15%
  • Das Fehlen eines Balkons, die Heizung mit Einzelöfen und ein problematischer Grundriss sind die negativen Ausstattungsmerkmale, die die größte Auswirkung auf die Vermarktung haben.


Grafik: Negativer Einfluss verschiedener Ausstattungsmerkmale

  • Der negative Einfluss der jeweiligen Ausstattungsmängel hängt wiederum von der Ortsgröße ab: Makler aus Mittelstädten bewerten Ausstattungsmängel als gravierender als Makler in Städten oder auf dem Land.
     

Wirtschaftliche Situation: Auswirkungen auf die Vermarktung von Wohnimmobilien

Wenn es darum geht, die aktuelle Wirtschaftslage einzuschätzen, hat sich der Immobilienmarkt als langsamer, aber zuverlässiger Indikator erwiesen. Der Wohnimmobilienmarkt konnte von der seit 2008 herrschenden Wirtschaftskrise profitieren – viele Anleger wählten Immobilien als Anlageform. Auch viele Mieter nutzten die niedrigen Zinsen, um selbstgenutztes Wohneigentum zu erwerben.

Die aktuelle Situation und die Aussichten für die Zukunft wurden im Fragenblock zur wirtschaftlichen Situation abgefragt:
 

  • 39 Prozent der Makler gehen davon aus, dass die Kaufpreise für Wohnimmobilien in Zukunft wieder steigen werden, 29 Prozent prognostizieren gleichbleibende Preise.
     
  • Bei den Mietpreisen gehen 47 Prozent von einer Steigerung aus, 28 Prozent sehen die Preise gleichbleibend.


Grafik: Prognose zur weiteren Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes in der Region der Befragten

Die Entwicklung des Wohnungsmarktes wird in den verschiedenen Regionen Deutschlands allerdings unterschiedlich wahrgenommen: Im wirtschaftsstarken Süden prognostizieren 50 Prozent der Makler steigende Kaufpreise, in der strukturschwächeren Mitte nur 28 Prozent. Bei den Mietpreisen sind sich die Makler deutschlandweit einig, dass die Preise steigen werden.

Tabelle: Prognose zur weiteren Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes in der Region der Befragten, Verteilung nach Regionen

KaufimmobilienpreiseGesamtNordSüdWestOstMitte
...werden steigen39%37%50%37%50%28%
...bleiben gleich29%32%33%31%30%40%
...werden sinken19%29%12%27%10%30%
       
MietpreiseGesamtNordSüdWestOstMitte
...werden steigen47%50%59%46%64%38%
...bleiben gleich28%38%30%32%25%34%
...werden sinken7%4%5%11%8%15%

Auf 100 Prozent fehlende Prozentpunkte: keine Antwort
 

  • Noch größere Abweichungen als bei den Regionen zeigen sich bei den Unterschieden nach Ortsgröße: In den Großstädten sehen die Makler sowohl bei den Kauf- als auch bei den Mietimmobilien Preissteigerungen voraus. In den Kleinstädten dagegen prognostizieren nur 18 Prozent steigende Kaufpreise, 36 Prozent sogar sinkende. Bei Mietimmobilien sehen die Makler auch in dünner besiedelten Regionen meist stabile Tendenzen.


Tabelle: Prognose zur weiteren Entwicklung des Wohnimmobilienmarktes in der Region der Befragten, Verteilung nach Ortsgrößen

KaufimmobilienpreiseGesamtGroßstadtMittelstadtKleinstadt/Land
...werden steigen39%52%35%18%
...bleiben gleich29%29%35%39%
...werden sinken19%17%24%36%
     
MietpreiseGesamtGroßstadtMittelstadtKleinstadt/Land
...werden steigen47%61%48%28%
...bleiben gleich28%25%35%47%
...werden sinken7%7%8%13%

Auf 100 Prozent fehlende Prozentpunkte: keine Antwort

Design der Studie

Der MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2010 liefert empirische Daten zu relevanten immobilienwirtschaftlichen Themen. Die Studie wurde in die drei Teilbereiche Energieeffizienz, Lagefaktoren und Wirtschaftslage auf dem deutschen Immobilienmarkt gegliedert, die je einen wichtigen Schwerpunkt abdecken.

Der Schwerpunkt Energieeffizienz wurde zum einen ausgewählt, weil das Thema in der politischen Diskussion eine wichtige Rolle spielt und neue gesetzliche Regelungen Hausbesitzer und Mieter zunehmend in die Pflicht nehmen. Auch ökonomische Gründe – Stichwort steigende Energiekosten – führen dazu, dass die Energieeffizienz für die Immobilienvermarktung immer wichtiger wird.

Im Themenschwerpunkt Lage wird das wichtigste Schlagwort in der Immobilienvermittlung unter verschiedensten Gesichtspunkten analysiert. Die heterogene Struktur des Immobilienmarktes in Deutschland macht es dabei besonders interessant, ein Augenmerk auf verschiedene Regionen und Ortsgrößen zu legen.

Der Schwerpunkt Wirtschaftslage bildet die Auswirkungen der Wirtschaftskrise auf den deutschen Immobilienmarkt ab.

Wer wurde befragt?

Der Fragebogen zur Studie MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2010 wurde von in Deutschland ansässigen und tätigen Immobilienunternehmen ausgefüllt, die nach dem folgenden Verfahren ausgewählt wurden:

Als Grundlage für eine Stichprobe diente eine Publikation des statistischen Bundesamtes (destatis), genauer die Strukturerhebung im Dienstleistungsbereich, in der alle statistisch erfassten Wirtschaftszweige verzeichnet sind. Für den MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2010 relevant ist der Wirtschaftszweig 70.3, Vermittlung und Verwaltung von fremden Immobilien. Daraus ließ sich eine Grundgesamtheit von circa 35.000 in Deutschland ansässigen und tätigen Immobilienunternehmen ablesen:

Tabelle: Struktur des WZ 70.3 (Vermittlung und Verwaltung von fremden Immobilien) lt. Statistischem Bundesamt

Anzahl Unternehmen gesamt33.305
Anzahl Einzelunternehmen18.779
davon mit weniger als 250.000 € Umsatz17.519
Anzahl Unternehmen mit weniger als 9 tätigen Personen31.323
Durchschnittlich pro Unternehmen tätige Personen5


  • Für die Studie wurde eine Stichprobe gewerblicher Immobilienmakler aus dem Adresspool der Immowelt AG gezogen.

  • Um die notwendige Anzahl von Antworten zu erhalten, wurden 15.000 Unternehmen angeschrieben.

  • Die Unternehmen erhielten einen Unique-Link zum Fragebogen, so dass die Teilnahme an der Befragung nur einmal möglich war. Nach einer Woche Befragungszeit wurden die Teilnehmer, die noch nicht geantwortet hatten, mit einer zweiten E-Mail erinnert.

Am Ende der zweiwöchigen Befragungszeit (3. bis 17. Februar 2010) und nach Bereinigung der Daten blieben 752 Teilnehmer, deren Ergebnisse in die Analyse mit einflossen. Der MARKTMONITOR IMMOBILIEN 2010 kann als repräsentativ für gewerbliche Immobilienmakler in Deutschland mit Zugang zum Internet gelten.

Studie herunterladen